Von tiefer Symbolkraft ist dieses Kunstwerk, das der 1944 geborene Künstler Peter Weismann, München, geschaffen hat. Leider ist es nur temporär. Geplant soll sich die "Zisterne der Tränen" bis Februar 2022 auf dem Belvedere befinden. Dann gehen die großen Pflastersteine zurück an die Domberg-Baustelle, von der sie auch stammen, und die unzähligen gravierten Steine? Wohin gelangen diese?
Nun, Isarkiesel sind es und in die Isar werden sie zurückgelegt, vom Künstler. Etwa alle 8 Meter einer.
Die Installation auf dem Freisinger Domberg ist nur ein kleiner Teil eines Kunstwerks, dass seit 2019 entsteht und sich über eine Strecke von ca. 300 km ausbreitet. So lang nämlich ist die Isar, von ihrer Quelle im Karwendel bis zur Mündung bei Deggendorf. Wird alle 8 Meter ein gravierter Stein in die Isar gelegt, haben ca. 35.000 Steine dort bewusst Platz gefunden und um die Zahl 35.000 geht es.
MARE NOSTRUM heißt das Kunstprojekt, MARE NOSTRUM ist der lateinische Name für das Mittelmeer, den auch eine Rettungsaktion der italienischen Regierung verwendete. 130.000 Flüchtlinge wurden 2013-2014 durch diese aus Seenot gerettet. Unzählige Menschen sind dennoch - in den Jahren zuvor und auch danach - während ihrer Flucht ertrunken. Das Buch "Todesursache Flucht - Eine unvollständige Liste", erschienen im Hirnkost Verlag, berichtet von 35.000 Menschen, die in den letzten 25 Jahren auf der Flucht ihr Leben ließen, und nennt ihre Namen - sofern dies möglich ist.
Peter Weismann setzt sich seit vielen Jahren künstlerisch mit den Themen Flucht und Migration auseinander. Für seine Werke verwendet er oft Fundmaterialien aus der Natur. Oben genanntes Buch war ihm Anstoß für das Kunstprojekt MARE NOSTRUM. Mit jeder Gravur verleiht er einem Ertrunkenen einen Gedenkstein, einen Moment des Bewusst-Seins. Jene, deren Namen nicht bekannt sind, werden durch "N.N." erinnert. Meist arbeitet er vor Ort und lädt ein zum Gespräch.
Sollten Sie also das nächste Mal an der Isar unterwegs sein, halten Sie die Augen auf, vielleicht entdecken Sie einen Stein, der Teil dieses bemerkenswerten Kunstprojektes ist.
Literatur:
https://www.erzbistum-muenchen.de/flucht-asyl/kunstprojekt-mare-nostrum/100518
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Thorsten Schmitt (Sonntag, 06 März 2022 13:16)
Jetzt weiß ich endlich, was der "Brunnen" da soll. Eigentlich ist es ja eher eine große Pfütze mit Steinrand. Die Idee mit den Gravuren ist aber cool. Ich hoffe Herr Weißmann bekommt noch viel Aufmerksamkeit für das Projekt.